Römische Ess- und Trinkgewohnheiten von vor etwa 2000 Jahren sind für viele Menschen unserer Zeit böhmische Dörfer. Interessant ist es allemal, einen Blick auf die antiken Tische der alten Römer zu werfen. Dabei helfen uns schriftliche Quellen und archäologische Funde, welche gewissermaßen die Rolle von „Berichterstattern“ spielen.
Zu den wohl wichtigsten schriftlichen Quellen zählt das antike römische Kochbuch „De re coquinaria“ („Über die Kochkunst“), dessen Text in der vorliegenden Fassung aus dem 3. oder 4. Jahrhundert stammt. Als Autorenname ist der römische Feinschmecker Marcus Gavius Apicius (um 25 v. Chr. – ca. 42 n. Chr.) überliefert, über den der Gelehrte Plinius der Ältere schrieb, er sei der größte Prasser und zu aller Art von Luxus geboren. Bedenkt man, dass Apicius „Flamingozungen“ als Delikatesse pries, so mag diese Einschätzung möglicherweise gerechtfertigt sein. „De re coquinaria“ umfasst etwa 400 Rezepte, darunter rund 100 Soßenrezepte. Die meisten Rezepte sind nicht besonders extravagant, wenn man „Sauzitzen“ und „gefüllte Haselmäuse“ einmal außen vor lässt. Die überwiegende Einfachheit der Gerichte charakterisiert dabei vortrefflich die altrömische Küche: Denn diese war im Allgemeinen einfacher, als es manch einer dieser Tage erwarten würde. Lukullische Genüsse, ausschweifende Gelage und dekadente Gastmähler waren eher Ausnahme, denn Regel. Exotische Speisen, die von extravaganten Darbietungen begleitet wurden, waren fast ausschließlich der gehobenen Schicht vorbehalten, wohingegen die breite Masse sehr viel schlichter auftischte.
Grundnahrungsmittel im alten Rom
Als Grundlagen der Ernährung dienten den Römern die Getreide Gerste und Weizen, die zu Mehl und anschließend zu Brei oder Brot in Form von Fladen weiterverarbeitet wurden. Auch Dinkelmehl spielte eine große Rolle, denn es diente mehrheitlich als Basis des wichtigsten Gerichts namens „puls“. Dieser Brei wurde morgens, mittags und/oder abends, gelegentlich auch mit rohem oder gekochtem Gemüse, serviert. Hafer wurde entweder an das Vieh verfüttert oder als Hafergrütze zubereitet. Innerhalb der römischen Legionen spielte das Brot die entscheidende Rolle bei der Verpflegung. Das „panis militaris“ (Militärbrot) war Hauptnahrungsmittel für die Soldaten, ihm kam damit eine außerordentliche Bedeutung zu, was die Bezeichnung „Grundstoff der Macht“ durchaus rechtfertigt. Handmühlsteine, die jedes „contubernium“ (Zeltgemeinschaft von etwa acht Mann) bei sich trug, dienten der Herstellung von Mehl. Die Legionäre ernährten sich im Grunde nicht schlechter, als die einfachen Bürger Roms, die ihrerseits in erster Linie Brot und Brei verspeisten.
Das „Dessert“ des kleinen Mannes war übrigens der Apfel, die Römer kultivierten allerdings auch andere Obstsorten, wie Birnen, Kirschen, Pflaumen und Weintrauben – dem mediterranen Klima sei Dank – in ihren Gärten oder Plantagen. Nüsse wurden meist in den umliegenden Wäldern gesammelt. Das mit Abstand liebste Getränk der Römer – da stimmt das Bild, das uns in vielen Historienfilmen vermittelt wird – war der Wein. Diesen trank man gewöhnlich mit Wasser verdünnt, Kindern wurde das sogenannte „mulsum“, ein mit Honig gesüßter Most oder Wein, verabreicht. Ansonsten wurden Fruchtsaft oder Wasser getrunken. Milch spielte eine untergeordnete Rolle und fand eher als Zutat beim Backen und Kochen Verwendung. Wenn die Römer Milch tranken, dann meist Schafmilch oder Ziegenmilch, Rohmilch von Kühen wurde kaum getrunken, dies galt als Sitte der barbarischen Völker jenseits von Donau und Rhein.
Sieht man einmal vom stark ausgeprägten Weinkonsum ab, lebten die Römer nach heutigen Maßstäben sonst sehr gesund. Sie aßen nahezu ausschließlich vegetarisch, Fleisch stand ziemlich selten auf dem Speiseplan, meist nur bei Banketten. Dies war nicht zuletzt dem hohen Preis von Vieh geschuldet: 79 n. Chr. kostete in Pompeji 1 modius (ca. 8,7 l, bzw. 6,5 kg) Weizen grob 7,5 Sesterzen, 1 modius Roggen nur etwa 3 Sesterzen, ein Maultier jedoch stolze 520 Sesterzen bzw. 130 Denar! Ein Legionär unter Kaiser Titus Flavius Domitianus (51 – 96 n. Chr.) kam ohne Abzüge (z. B. für seine Ausrüstung) auf rund 300 Denar. Günstiger und in Küstennähe meist reich verfügbar war indes Fisch, der als Salzfisch auch im Landesinneren gehandelt wurde. Frischer Fisch wurde gegrillt und mit verschiedenen Soßen (siehe „De re coquinaria“) serviert. Ferner dienten Fische der Gewinnung der beliebten und weit verbreiteten Fischsoße „garum„, die viel zur Konservierung genutzt wurde und auch als „liquamen“ bekannt ist. Dazu wurden Fische wie Thunfisch, Sardelle, Aal oder Makrele einschließlich ihrer Eingeweide mit Salzlake vermischt und teilweise monatelang der Sonne ausgesetzt. Bei dieser Fermentation wurde das Fischeiweiß durch in den Eingeweiden enthaltene Enzyme abgebaut. Das entstandene Gemisch wurde anschließend ausgepresst und mehrfach gefiltert, bis man eine klare, bernsteinfarbene Flüssigkeit erhielt. Hatte das Endprodukt einen charakteristischen, aber feinen Geruch, so war die Geruchsbelästigung während der Herstellung enorm, weshalb die Produktionsstätten außerhalb der Ortschaften lagen.
Ientaculum, prandium, cena – die täglichen Mahlzeiten
Gespeist wurde im alten Rom üblicherweise dreimal täglich. Es gab zwischen 8 und 9 Uhr ein Frühstück („ientaculum“), bei dem das bereits erwähnte Fladenbrot die Basis bildete. Das Fladenbrot wurde mit der Zeit von immer vielfältigeren Backwaren verdrängt. Während die ärmeren Bürger ihre Fladen oft nur mit Salz verzehrten, genossen die wohlhabenderen Schichten dazu noch Eier, Käse, Honig und Obst. Zwischen 11 und 12 Uhr stand das Mittagessen („prandium“) auf dem Plan. Das prandium war jedoch kein großes Mahl, sondern eher eine Art Zwischenmahlzeit. Dennoch war das prandium reichhaltiger als das ientaculum. Kalte Speisen, wie Brot, Schinken, Käse, Eier, Nüsse, Oliven und Pilze wurden gegessen, dazu auch Datteln und Feigen. Manchmal wurden Reste des Abendessens vom Vortag aufgewärmt.
Bereits ab etwa 15 – 16 Uhr folgte das Abendessen („cena“). Dass die cena so früh begann, liegt daran, dass sie die Hauptmahlzeit des Tages war und bis dahin normalerweise alle Tagesaufgaben erledigt worden waren. Die cena war nicht nur Mahlzeit, sondern vielmehr ein Ereignis, zu dem oft auch Freunde eingeladen wurden. Lebhafte Diskussionen der halb auf den Speisesofas („triclinia“, nach denen der Speiseraum „triclinium“ benannt war) liegenden Gesellschaft waren dabei keine Seltenheit. Hauptbestandteil der cena war ein Getreidebrei („puls“ oder „pulmentum“) aus Dinkel, Wasser, Salz und Fett. Die Oberschicht genoss dazu Eier, Käse und Honig, seltener Fisch und ganz selten Fleisch. Mit der Zeit wurde die cena immer umfangreicher: In Zeiten der Römischen Republik wurde das Hauptgericht um eine Nachspeise aus Obst und Meeresfrüchten erweitert, gegen Ende der Republik war sogar eine Dreiteilung in Vorspeise, Hauptgericht und Nachspeise nicht unüblich. Mitunter folgte der cena noch ein Trinkgelage („comissatio“). Dann wurde der Wein, der tagsüber meist mit Wasser verdünnt oder mit Honig verfeinert getrunken wurde, gerne auch pur konsumiert.
Tischmanieren und Essensriten
Messer und andere Bestecke wurden praktisch nur in der Küche genutzt, beim Essen war das einzige Hilfsmittel der Löffel, mit dem man sich an den Soßen bedienen konnte. Es gab Löffel deren Stiele so spitz waren, dass sie zum Aufspießen von Häppchen und kleinen Speisen dienten. Ansonsten nutzte man beim Essen seine Finger. Vorsichtiges Zugreifen mit den Fingerspitzen galt als Zeichen für gute Tischmanieren. Servietten wurden nicht nur zur Säuberung der Finger genutzt, denn die Hände konnte/durfte/sollte man tatsächlich auch an den Haaren der Sklavenkinder (falls vorhanden) abwischen. Nein, die Servietten wurden darüber hinaus genutzt, um darin Speisen einzuwickeln, die man mit nach Hause nehmen wollte. Diese Sitte war weit verbreitet und keinesfalls verpönt – solange man nicht unverschämt übertrieb. Die Anordnung der bereits erwähnten Speisesofas triclinia folgte bei Gastmählern bestimmten Regeln – und somit auch die Sitzplatzordnung. Der beste Platz war wegen der größten Bewegungsfreiheit der unterste Platz der mittleren Liege („lectus medium“), dieser Platz wurde auch „locus consularis“ oder „locus praetorius“ – konsularischer bzw. prätorischer Platz – genannt. Der Gastgeber belegte den ersten Platz der untersten Liege („lectus imus“), von wo aus er sich dem wichtigsten Gast jederzeit zuwenden konnte. Das dritte Sofa war die oberste Liege („lectus summus“). Auf jeder Liege fanden üblicherweise bis zu drei Personen Platz. Diese Art der Anordnung schuf insgesamt einen kommunikativen Rahmen und ermöglichte nicht nur Körper- sondern auch Blickkontakte.
Abschließend lässt sich feststellen: Die Römer ernährten sich überwiegend gesund und speisten weit weniger spektakulär, als es uns zahlreiche Sandalenfilme weismachen wollen. Zudem stärkte der gemeinschaftliche Charakter von Gastmählern die Bindung zwischen den Teilnehmern – zumindest, solange man sich nicht über politische Themen zu streiten begann.
Rezepte
Panis militaris – römisches Legionärsbrot
Zutaten:
500g Weizen gemahlen oder Dinkel gemahlen
500 g Roggenmehl
1 Esslöffel Honig
1-2 Esslöffel Salz
2 Würfel Hefe
Die Hefe wird mit warmem Wasser und Honig angesetzt, man lässt sie 15 Minuten gehen. Die angesetzte Hefe vermischt man mit dem Mehl und lässt den Teig ebenfalls 15 Minuten gehen.
Der Teig wird durchgeknetet und der (rund geformte) Brotfladen nochmal 15 Minuten gehen gelassen. Das Brot wird bei 230°C etwa 10 Minuten gebacken, danach schaltet man herunter und lässt den Brotfladen 10 Minuten lang nachbräunen. Zum „panis militaris“ passt Butter und Honig, oder aber frische, bzw. getrocknete Feigen und geharzter Wein. Gesund und lecker!
Una dulcia – Eine Süßspeise
Im Original („De re coquinaria“):
Accipies similam, coques et in aquam calidam, ita ut durissimam pultem facieas, deinde in patellam expandis. Cum refrixerit, concidis quasi dulcia et frigis in oleo optimo. Levas, perfundis mel, piper aspergis et inferes. Melius feceris, si lac pro aquam miseris.
Übersetzung:
Nimm Weizenauszugsmehl, koche es in heißem Wasser, so dass du einen sehr festen Brei erhältst, und rolle ihn dann auf einem Backblech aus. Wenn er abgekühlt ist, schneide gleichsam Plätzchen aus und backe sie in bestem Öl. Nimm sie heraus, übergieße sie mit Honig, streue Pfeffer darüber und serviere. Besser wirst du sie noch machen, wenn du Milch statt Wasser dazugibst.
Zutaten:
100g weißes Mehl
4 Esslöffel Honig
1 Esslöffel Butter
4 dl Milch
Pfeffer
Zubereitungszeit:
10 Minuten zur Vorbereitung, 15 Minuten zum Kochen
Zubereitung:
Mehl und Milch mit einem Schneebesen gut verrühren und in einer Pfanne vorsichtig erwärmen, bis ein dicker Brei entsteht. Auf einer Platte oder einem Blech gut 1 cm dick auftragen und erkalten lassen. In handliche Vierecke schneiden und in Butter auf beiden Seiten anbraten. Abschließend mit Honig bestreichen und dezent mit Pfeffer würzen.
Hinweis:
Die Pfanne sofort nach der Entnahme des Breies abwaschen.
LINKS
De re coquinaria
Eines der ältesten Kochbücher der Antike.
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Eine Sammlung römischer Rezepte von Apicius, mit praktischen Tipps.
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LITERATUR
Das Römer-Kochbuch (Gewinner des GOURMAND WORLD COOKBOOK AWARDS in der Kategorie ‚BEST ITALIAN CUISINE‘)
– Edgar Comes
– Felix AG
– 128 Seiten
# ISBN-10: 3867380287
# ISBN-13: 978-3867380287
Das römische Kochbuch des Apicius
– Marcus Gavius Apicius
– Reclam
– 262 Seiten
# ISBN-10: 3150087104
# ISBN-13: 978-3150087107
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– Hans Peter von Peschke, Werner Feldmann
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